Schach und Mathematik

Wir leben in einer Welt, die offenbar verrückt ist. Ein Blick in die USA genügt. Aber auch hierzulande kann man nur den Kopf schütteln. Corona-Leugner, die alle Vorsichtsmaßnahmen ins Lächerliche ziehen, Querdenker, die mit dem Schild „Heil Merkel“  umherziehen  –  da sehnt man sich nach einer Welt frei von großen Sprüchen und irrwitzigen Behauptungen. Transparenz ist gefragt, Rationalität.
Das Gesuchte findet sich in der Mathematik und im Schach. Für den Mathematik-Professor und passionierten Schachspieler Christian Hesse bieten Mathematik und Schach große Abenteuer im Kopf. „Beide“, so sagt Hesse, „erfordern volle Konzentration und absorbieren einen total“. Abenteuer im Kopf, Ablenkung, Freude über gelöste Aufgaben – was für ein Kontrast zur unüberschaubaren, bedrohlichen Corona-Welt!
Mathematik und Schach sind verwandt, beide basieren auf logischem Denken.  Wolfgang Weber betreute viele Jahre die Neigungsgruppe Schach am Illtal-Gymnasium, zwei Jahrzehnte war das IGI die Hochburg im saarländischen Schulschach. Jedes Jahr schaffte man die Qualifikation für die Deutsche Schulschachmeisterschaft. „Unsere Top-Spieler waren durch die Bank auch gute Mathematiker”, stellt Weber fest. „Das gilt für den kürzlich zum Saarlandmeister avancierten Patrick Kuhn, genauso wie für seine meisterlichen Vorgänger Boris Traub und Ralf Scherer“.
Für die Liaison von Mathematik und Schach gibt es berühmte Beispiele. Mit den britischen Penrose-Brüdern ragt ein Trio heraus. Der begnadete Schachspieler Roger Penrose erhielt gerade den Physik-Nobelpreis. Auf der Suche nach der Weltformel  revolutioniert der Mathematikprofessor die Physik. Auch sein  Bruder Oliver ist Mathe-Professor. Jonathan, der Jüngste im Bunde, ist zehnmaliger britischer Schachmeister. Er besiegte Weltmeister Tal mit dem nach ihm benannten „Penrose-Opfer“. 
Schachgeschichte schrieb mit John Nunn auch ein anderer britischer Großmeister. Nunn startete sein Mathe-Studium mit 15 Jahren an der Universität Oxford, war der Jüngste, der dort jemals aufgenommen wurde. Seine Dozentenstelle gab er auf, um als Schachprofi Karriere zu machen. Magnus Carlsen behauptete, Nunn sei zu schlau, um Weltmeister zu werden.
Man sieht: Wenn es darum geht, der Konkurrenz die Fähigkeit zum Griff nach den Sternen abzusprechen, tauchen die seltsamsten Argumente auf. Nunn zu schlau für den Weltmeister-Titel, Biden laut Trump zu schläfrig fürs höchste Amt. Legendär ist ein Dialog zwischen den Schachtitanen Bogoljubow und Réti.  Als der 1920 in Göteborg ein stark besetztes Turnier gewonnen hatte, klopfte ihm Bogoljubow anerkennend auf die Schulter und meinte: „Du hast gewonnen, aber du wirst nie Weltmeister, dafür bist du zu dick!“ Darauf  Réti: „Aber du bist doch viel dicker als ich!“ „Ja, aber ich bin Bogoljubow!“,  kam es zurück…

Unten links Roger Penrose. Er kennt sich nicht nur mit den Schwarzen Löchern im Weltall aus, sondern auch mit den schwarzen und weißen Steinen auf dem Schachbrett.
Rechts Patrick Kuhn vom SC Turm, gut in Mathe und in Schach, neuer Schach-Landesmeister

Unten links Jonathan Penrose, der mit dem “Penrose-Opfer” Weltmeister Tal besiegte
Rechts John Nunn – laut Magnus Carlsen zu schlau für den Weltmeister-Titel

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